Gesetzgebung: Wachstumschancengesetz in abgespeckter Fassung verabschiedet
Mit der Zustimmung des Bundesrats zum Wachstumschancengesetz wurde dieses Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung des Vermittlungsausschusses nach langer parlamentarischer Diskussion abgeschlossen. Das Entlastungsvolumen fällt deutlich geringer aus als zunächst geplant. Hieraus ergeben sich folgende für die Arbeitnehmerbesteuerung bedeutsame Änderungen:
E-Auto als Firmenwagen:
Bei der Privatnutzung eines Firmenwagens in Form eines reinen Elektrofahrzeugs wird für die Bemessung des geldwerten Vorteils nur ein Viertel des Bruttolistenpreises angesetzt. Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode bemisst sich die in den geldwerten Vorteil eingehende Abschreibung nach einem Viertel der Anschaffungskosten. Dies galt bisher nur, wenn der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs nicht mehr als 60.000 € betrug. Dieser Höchstbetrag wurde auf 70.000 € angehoben und gilt für die ermäßigte Besteuerung des geldwerten Vorteils bei erstmaliger Überlassung des Firmenwagens nach dem 31.12.2023. Sofern für die ersten Monate des Jahres 2024 wegen Überschreitens der bisherigen Betragsgrenze von 60.000 € die Hälfte des Bruttolistenpreises angesetzt wurde, kann der Lohnsteuerabzug bei einem fortbestehenden Dienstverhältnis geändert werden.
Versorgungsbezüge:
Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter und auf einen Höchstbetrag begrenzter Versorgungsfreibetrag sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Der jeweils anzuwendende Prozentsatz verringert sich seit 2005 im Gleichklang zur schrittweisen Anhebung des Besteuerungsanteils von Leibrenten und anderen Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ziel war die vollständige nachgelagerte Besteuerung von Versorgungsbezügen bis 2040.
Das ändert sich jetzt. Beginnend mit dem Jahr 2023 verringert sich der anzuwendende Prozentwert zur Bemessung des Versorgungsfreibetrags nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 Prozentpunkten, sondern nur noch in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten. Der Höchstbetrag wurde - ebenfalls ab 2023 - um jährlich 30 € und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag um jährlich 9 € gesenkt. Damit werden die Freibeträge für Versorgungsbezüge bis zum Jahr 2058 vollständig abgeschmolzen und Versorgungsbezüge - ebenso wie Renten - bei einem Versorgungsbeginn ab 2058 vollständig besteuert.
Hinweis : Die Änderungen werden für 2023 und 2024 erst in der Einkommensteuerveranlagung umgesetzt. Im Lohnsteuerabzugsverfahren kommen die neuen Beträge hingegen ab dem Lohnzahlungszeitraum Januar 2025 zur Anwendung.
Altersentlastungsbetrag:
Bei einer Gewährung des Altersentlastungsbetrags ab dem Jahr 2023 bis zum Jahr 2058 mindert sich der Prozentsatz um jeweils 0,4 Punkte und der Höchstbetrag um jeweils 19 €.
Hinweis: Die neuen Beträge werden für die Jahre 2023 und 2024 ausschließlich im Einkommensteuerveranlagungsverfahren berücksichtigt. Im Lohnsteuerabzugsverfahren kommen sie erst ab 2025 zu Anwendung.
Geschenke:
Ausgaben für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Schenkers sind, waren bisher nur dann Betriebsausgaben (oder bei Arbeitnehmern Werbungskosten), wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 € pro Jahr nicht überstiegen. Dieser Betrag wurde ab 2024 auf 50 € angehoben.
Berufskraftfahrerpauschale:
Die Pauschale für Arbeitnehmer, die ihre berufliche Tätigkeit vorwiegend auf Kfz ausüben und auch dort übernachten, wurde ab 2024 von 8 € auf 9 € je Kalendertag angehoben. Diese Pauschale kann - wie bisher - anstelle der tatsächlich entstehenden Mehraufwendungen angesetzt werden. Die Entscheidung, die tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen oder den Pauschbetrag geltend zu machen, kann weiterhin nur einheitlich für das gesamte Kalenderjahr getroffen werden.
Fünftelregelung:
Bisher konnte die Tarifermäßigung für Entschädigungen und Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten bereits bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt werden. Insbesondere die Frage der Zusammenballung ist jedoch unterjährig oft nur schwer zu beurteilen. Deshalb wurden die Regelungen zur Berechnung der Lohnsteuer im Zusammenhang mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn ab 2025 ersatzlos gestrichen.
Für Arbeitnehmer ergeben sich keine Nachteile, denn die Tarifermäßigung kann weiterhin im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden. Beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn wird ab 2025 eine Antragsveranlagung zur Anwendung der Tarifermäßigung ermöglicht.
Gruppenunfallversicherung:
Der Arbeitgeber kann die Beiträge für eine Gruppenunfallversicherung mit einem Pauschsteuersatz von 20 % erheben. Voraussetzung war bisher, dass der steuerliche Durchschnittsbetrag ohne Versicherungsteuer „pro Kopf“ 100 € pro Jahr nicht überstieg. Wurde dieser Durchschnittsbetrag überschritten, war der gesamte Betrag bei den versicherten Arbeitnehmern dem individuellen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Der Arbeitgeber musste also bei einer Beitragsänderung und/oder einer Änderung der Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer stets prüfen, ob die Pauschalbesteuerung überhaupt noch zulässig war. Gegebenenfalls musste er zur individuellen Lohnbesteuerung übergehen. Zur Vereinfachung wurde der Grenzbetrag von 100 € ab 2024 ersatzlos aufgehoben und die Pauschalierung von Gruppenunfallversicherungen generell zugelassen.
Homeoffice im Ausland:
Aufgrund der stetig wachsenden Mobilität in der Arbeitswelt sind Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu erwarten. Bei einer Homeoffice-Tätigkeit im Ausland fingiert das Einkommensteuergesetz rückwirkend ab dem 01.01.2024 eine Ausübung bzw. Verwertung der Tätigkeit im Inland. Dies führt zu einer beschränkten Steuerpflicht - allerdings nur für den Fall, dass ein DBA eine Zuweisung des Besteuerungsrechts an den eigentlichen Tätigkeitsstaat vorsieht.
ID-Nummer:
Die Finanzämter übermitteln dem Arbeitgeber künftig auf Anfrage die ID-Nummer des Arbeitnehmers, wenn
- Ersterer für den Arbeitnehmer bereits eine Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2022 (mittels eTIN) übermittelt hat,
- der Arbeitgeber zugleich versichert, dass das Dienstverhältnis über den 31.12.2022 hinaus fortbestanden hat, und
- der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung, dem Arbeitgeber die ID-Nummer mitzuteilen, trotz Aufforderung nicht nachgekommen ist.
Dies gilt auch dann, wenn die ID-Nummer dem Arbeitnehmer erstmals zuzuteilen ist. Einer Bevollmächtigung oder Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf es insoweit nicht.
Hinweis: Weder die zunächst geplante Erhöhung der Verpflegungspauschalen bei Auswärtstätigkeiten und doppelter Haushaltsführung noch die Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen wurden im Rahmen des Wachstumschancengesetzes umgesetzt.
- Von Thomas Bußhardt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt
LFK Partner Bußhardt Huber Partnerschaft mbB